Wie können BürgerInnen Bauwerksbegrünungen voran bringen?

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„Mehr Grün in der Stadt“ braucht Menschen, die das auch umsetzen – die Partizipation der BürgerInnen ist gefragt. Ihre persönliche Initiative zum Klimaschutz und „Urban Cooling“ beginnt bei begrünten Balkonen und kann sogar Gründächer und begrünte Fassaden umfassen!

Damit Ihre Ressourcen nicht im wohnrechtlichen Paragraphendschungel versickern, ist es entscheidend, zunächst Klarheit über die eigene Rolle zu haben:

Welche Möglichkeiten habe ich als MieterIn, als MiteigentümerIn oder im Verbund mit den anderen EigentümerInnen, um das Begrünungsprojekt voranzubringen? Wie kommuniziere ich mit der Hausverwaltung und mit den Behörden? Und wie finde ich PartnerInnen zur erfolgreichen Umsetzung und Pflege?

In diesem Beitrag geht es um die Umsetzung von Bauwerksbegrünungsprojekten in einem Wohnungseigentumshaus. Hier gibt in erster Linie das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Spielregeln vor.

Die alles entscheidende Frage: Braucht Ihr Begrünungsprojekt einen Beschluss?

Begrünungsprojekte können eine massive Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Liegenschaft bewirken. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verlangt, dass die EigentümerInnen der Liegenschaft die Veränderung des allgemeinen Erscheinungsbildes einstimmig beschließen müssen.

Der Begriff bezieht sich dabei immer auf allgemeine Flächen, da diese Flächen in der Regel allen MiteigentümerInnen entsprechend ihrer Grundbuchsanteile gehören. Dies sind die Fassade, die Grünflächen und Innenhöfe, die Wege, das Stiegenhaus, das Dach usw.

Eine flächige Fassadenbegrünung, die Begrünung des Innenhofes und auch die Herstellung eines Gründaches verändern das äußere Erscheinungsbild. Diese Projekte müssen daher immer einstimmig beschlossen werden.

Beschränkt sich die Begrünung auf eine Fläche, an der Sie das alleinige Nutzungsrecht innehaben, dann ist kein Beschluss notwendig. Auf dem eigenen Balkon darf man – solange die Tragfähigkeit der statischen Konstruktion nicht überschritten wird – Blumentöpfe, Tröge und Blumenkisterln nach eigenem Geschmack aufstellen. Hier ist es wichtig, dass die eigene Pflege nicht nachlässt, um nachbarschaftliche Beziehungen nicht unnötig zu belasten.

Nicht ganz so einfach verhält es sich mit Blumenkisterln auf dem äußeren Fensterbrett. Diese könnten als Änderung des äußeren Erscheinungsbildes gewertet werden. Hier empfiehlt sich die Rückfrage bei der Hausverwaltung oder bei den Hausvertrauenspersonen, um mit der Begrünungsinitiative nicht gleich anzuecken.

Ist die Hausgemeinschaft gegenüber dem Blumenschmuck an der Fassade aufgeschlossen, dann gilt es, diese Blumenkisterln ordentlich zu befestigen, damit diese gegen Winddruck gut gesichert sind.  Auch wenn es ein bisschen etwas kostet: es empfiehlt sich dringend das Anbringen der Kisterln durch ein Fachunternehmen, z. B. eine Spenglerei, vornehmen zu lassen. Einerseits übernehmen diese die Haftung und durch, andererseits kommt bei fachmännischer Befestigung der Kisterln niemand durch z. B. herabfallende Teile zu Schaden.

Die Rechnung hierfür sollten Sie in Kopie an die Hausverwaltung schicken, damit die ordnungsgemäße Montage (wie z. B. auch bei der SAT-Anlage) nachgewiesen wird. Ansonst könnte es sein, dass Ihnen im Zuge von Sicherheitsbegehungen nach ON B1300 der Auftrag erteilt wird, die Blumenkisterln wieder zu entfernen.

TIPP: Sprechen Sie Ihr Projekt – wie klein es auch sein mag – vorher mit den MeinungsmacherInnen im Haus ab, damit Sie eine breite Zustimmung erreichen. Der Blick ins öffentlich zugängliche Grundbuch zeigt alle aktuellen MiteigentümerInnen.

Beschlussfassung?

Die Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sehen für die Beschlussfassung die EigentümerInnenversammlung, aber auch den Rundfragebeschluss vor. Muss ein einstimmiger Beschluss gefasst werden, kann es manchmal sein, dass dieser nicht zustande kommen kann, weil einzelne EigentümerInnen, aus welchen Gründen auch immer, nicht erreichbar sind. In diesem Fall können Unterschriften durch eine/n AußerstreitrichterIn ersetzt werden. Dies kommt – wenn überhaupt – eher bei großen Wohnungseigentumsgemeinschaften vor und auch dort ist es die Ausnahme.

Wenn es um die Begrünung von Hofflächen geht, lassen Sie vorab den behördlichen Konsens prüfen. In Wien gibt die Baupolizei (MA 37 für den jeweiligen Bezirk) gerne Auskunft, ob es für die zu begrünenden Flächen auch die entsprechende Widmung gibt.

Sind die Hofflächen z. B. als Parkplatz oder Weg gewidmet, dann müsste ein Umwidmungsantrag erfolgen, etwa auf Spielplatz oder Grünfläche, je nach Projektplan. Ein Umwidmungsantrag erfordert wiederum die Unterschrift aller WohnungseigentümerInnen, also Einstimmigkeit. Den Umwidmungsantrag kann die Hausverwaltung oder ein Ingenieurbüro für Sie einbringen. Das spart Zeit und Nerven bei den Formalien.

Ihre Hausverwaltung ist mit dem Prozedere gut vertraut und kann Ihnen bei der Beschlussfassung behilflich sein. Wenn unter den EigentümerInnen über das Projekt weitgehendes Einvernehmen herrscht, Sie also das Projekt vorher gut kommuniziert haben, dann kann die formale Beschlussfassung in der EigentümerInnenversammlung erfolgen, oder auch über Rundfragebeschluss. Das hat den Vorteil, dass formal alles richtig gemacht wird.

TIPP: Die Beschlussfassung für ein Begrünungsprojekt im Wohnungseigentumshaus fußt immer auf der Konsensprüfung der genehmigten Pläne und dem Wohnungseigentumsvertrag als „Verfassung“ der Eigentümergemeinschaft.

Jede Art von Begrünung benötigt Pflege.

Die technische Ausführung einer Bauwerksbegrünung muss die zukünftig erforderliche Zugangsmöglichkeit berücksichtigen. Ist z.B. eine Leiter ausreichend, oder werden ein Hubsteiger, ein Gerüst oder vielleicht Fassadenkletterer benötigt? In der Planung müssen daher unter Umständen auch bauliche Maßnahmen für Wartungs- und Pflegearbeiten vorgesehen werden!

Wenn die EigentümerInnen die Pflege nicht selbst durchführen können oder wollen, muss die Hausverwaltung einen Pflegevertrag abschließen. Dazu braucht es in der Regel keine Beschlussfassung, denn dies ist Teil der ordentlichen Verwaltung. Sinnvollerweise werden aber die laufenden Kosten im Sinne eines Pflegeplanes ebenso wie die Herstellkosten geschätzt und im Beschluss berücksichtigt, damit es für niemanden Überraschungen gibt.

In vielen Fällen kann die Pflege vom Reinigungsunternehmen mit übernommen werden. Bei größeren Vorhaben ist es sinnvoll, die Pflege ebenso wie die Herstellung auszuschreiben. Zusätzliche Kosten können entstehen, wenn für Wartungsarbeiten ein vorübergehendes Passagengerüst erforderlich ist, wie bei Schulwegen und stark frequentierten Gehsteigen. Liegt die begrünte Fassade an einer stark befahrenen Straße, kann es sein, dass Wartungsarbeiten nur in den Nachtstunden erfolgen dürfen.

TIPP: über die Plattform www.gruenstattgrau.at können Sie Beratung zu Begrünungsmaßnahmen, Pflege und Pflegeverträgen einholen.

Alles ist machbar – wenn man weiß, wie es geht

Die technische und (wohn)rechtliche Umsetzung einer Wohnhausbegrünung kann ein zeitraubender Vorgang sein, weil sich die Themen „Technik und Recht“ laufend wechselseitig berühren.

TIPP: binden Sie rechtskundige TechnikerInnen und PraktikerInnen von Anfang an in die Projektausarbeitung ein, bevor Sie eine Beschlussfassung durchführen, damit Ihr Projekt nicht am Wohnrecht scheitert!

Dieser Artikel ist auf der Seite der AGENDA JOSEFSTADT (https://www.agendajosefstadt.at/home.html) sowie auf der Seite des Vereins LOKALE AGENDA 21 WIEN (https://www.la21wien.at/blog-detail-la21/begruenungsprojekte-selber-umsetzen.html) erschienen

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